Über Speckrollen und das Nicht-Wohlfühlen im eigenen Körper

Speckrollen

Es gab da neulich diesen einen Moment. Ich hatte schon viele davon, aber dieser war ein ganz Besonderer. Ich stand nackt vor dem Spiegel und habe mich angeschaut. Voller Hass. Von der Seite sah ich schwanger aus. Aufgebläht wie ein runder Ballon.

Früher habe ich immer davon geträumt einen 90-60-90 Körper zu haben. Regelmäßig habe ich das Maßband angelegt und mir dann meine Maße aufgeschrieben. Je näher sie diesen drei magischen Centimeter-Angaben war, umso glücklicher war ich. Über die Webseite lookbook.nu (gibt es die heutzutage überhaupt noch?) habe ich mir nur die Bilder der Mädchen und Frauen heruntergeladen, die besonders dünn aussahen. Thigh gap, Beckenknochen und flacher Bauch wie ein Waschbrett waren meine Ziele. Das ging soweit, dass ich Ordner mit dem Titel Anorexia erstellt habe. Gut, wir waren alle mal jung und wollten Models werden, aber das war schon echt nicht mehr schön. 

Ich bin sechs Mal die Woche ins Gym gegangen, glücklich war ich trotzdem nicht

Kurz bevor ich 2013 mit 18 Jahren nach Australien gegangen bin habe ich mich gewogen und hatte 49,4 Kilogramm auf der Waage. Bei einer Körpergröße von 1,69cm ist das schon sehr wenig. Ich war so stolz, dass ich ein Foto von der Anzeige gemacht habe. In Australien habe ich viel trainiert und gut gegessen. Innerhalb von einem Jahr hat die Waage auf einmal 8 Kilo mehr angezeigt. Zurück in Deutschland bin ich sechs Mal die Woche ins Gym gegangen, um das Gewicht wieder zu reduzieren und habe mit einer App mein Gewicht getrackt. Wie viel Kohlenhydrate, Eiweiß und Fette ich zu mir nehmen durfte, bestimmte das Programm. Ich nahm wieder ab, fühlte mich aber trotzdem nicht zu 100% wohl in meinem Körper.

Der Hubbel bei meinem Bauch ging einfach nicht weg, egal ob mit 49 oder mit 57 Kilo. Im Sommer traute ich mich nicht, mich mit Bikini an den See zu legen. Wenn ich im Schneidersitz saß und ein bisschen nach vorne beugte, dann waren drei Speckrollen zu sehen. Nicht eine, nicht zwei, sondern drei! Seitdem trage ich nur noch Badeanzug. Bis heute.  

Lernen, mich so zu akzeptieren, wie ich bin

Viele würden an dieser Stelle sagen „Laura du spinnst, du bist doch nicht dick.“ Und ja, da habt ihr recht. Ich bin nicht dick. Aber ich fühle mich in meinem Körper nicht wohl. Punkt. Dabei müsste ich dankbar sein, dass er mich durchs Leben trägt. Atmet, ohne dass ich ihm das sagen muss. Das Essen verdaut und überlebenswichtige Nährstoffe aufnimmt. Für mich da ist, egal ob ich glücklich oder traurig bin. Ich sollte endlich damit anfangen, mich so zu lieben wie ich bin. Die letzten 25 Jahre meines Lebens habe ich es schon öfters versucht, aber nie so wirklich geschafft. 

Also habe ich einen Plan geschmiedet. Und um ihn wirklich durchzuziehen, habe ich ihn aufgeschrieben und mit diesem Beitrag veröffentlicht, damit ich ihn nicht vergesse: Ich habe mich nach über einem halben Jahr ohne Sport endlich wieder im Studio angemeldet und mir das Ziel gesetzt, 1 – 2 Mal die Woche ins Yoga zu gehen oder auf dem Laufband meine Ausdauer zu trainieren. Sport hilft ungemein, sich wohler in seinem Körper zu fühlen, ohne wirklich „abnehmen“ zu müssen. Auf meine Gesundheit möchte ich ebenfalls mehr achten. Nicht wie früher das Essen über eine App kontrollieren zu lassen, sondern einfach viel selbst zu kochen, weniger raffinierten Zucker zu essen und jeden Tag frisches Obst und Gemüse zu mir zu nehmen. Und das Allerwichtigste: Lernen, meinen Körper so zu lieben wie er ist. Und damit starte ich jetzt!

Love,

Laura Herz Logo

6 Kommentare zu „Über Speckrollen und das Nicht-Wohlfühlen im eigenen Körper

  1. Hallo Laura,

    danke dass du so offen über ein Thema sprichst – das fast alle Frauen „belastet“. Ich hab mit meinem Körper weniger Probleme, auch wenn er alles andre als perfekt ist, dafür belasten mich Fältchen und andre Schönheitsmakel im Gesicht.
    Ich glaub helfen kann da nur das „Annehmen“, wir werden alle älter und nicht unbedingt „schöner“ – obwohl das auch Ansichtssache ist.
    Leider wird uns hierzulande in den Medien gezeigt dass wir perfekt sein sollen, alle Fotos werden bearbeitet, Flecken auf der Haut, Speckröllchen weg-retouchiert.
    Gesund leben, gut ernähren und Bewegung tut Körper und Seele gut – es lässt uns auch selbstbewusster werden und Ausstrahlung macht uns immer schön!

    Deswegen: “ Guter Plan!“ – Aber lass dich nicht narrisch machen damit 😉
    Alles Liebe, Ute

    1. Liebe Ute, du hast so recht. Gestern habe ich auf einem Schild gelesen „A healthy body is the perfect gift“ und das stimmt! Solange man gesund ist, ist doch alles gut 🙂 Und die Makel zeichnen einen doch auch aus & machen schön. Das anzunehmen ist nur die Challenge. Aber das kriegen wir schon hin 🙂 Liebe Grüße

  2. Liebe Laura
    Ganz ganz ganz viel Bewunderung meinerseits für die persönlichen Worte in diesem Beitrag!
    Ich kenne all diese Überlegungen nur zu gut und bin auch dabei in der Hinsicht Selbstakzeptanz immer mehr dazuzulernen. Mir haben auch vor allem ein abwechslungsreicher und obst- und gemüselastiger Ernährungsplan geholfen und auch regelmässig Sport zu machen empfinde ich als sehr befriedigend.
    Wenn ich keine Zeit/ Gelegenheit für „Sport“ im engeren Sinne habe, gehe ich auch gerne auf ausgiebige Stadtspaziergänge (das kann man in München ja auch super machen 🙂 ).
    Liebe Grüsse
    Eliane

    1. Liebe Eliane, das freut mich sehr, dass du auch gerade lernst deinen Körper zu lieben. Das zu können ist eine wahre Kunst. Manche schaffen das nicht bis sie alt sind. Mir hilft es auch sehr mich gesund zu ernähren, vor allem ohne raffinierten Zucker, und zwei mal die Woche zum Sport zu gehen. Auch wenn man dadurch vllt nicht abnimmt, fühlt man sich viel vitaler und gesünder 🙂 Mir geht es zumindest so. Liebe Grüße

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