Neue Wege finden

Laura im Herbst mit Fahrrad

Zu Beginn war da der Schock. Der Schock über den Verlust meiner eigenen Welt, die ich mir so mühsam über die Jahre aufgebaut hatte. Meiner Denkmuster und des Alltags. Alles sollte sich neu sortieren und nichts mehr so sein wie es mal war. 

Euphorie über unendliche Möglichkeiten

Nach dem Schock kam die Euphorie über die unendlichen Möglichkeiten. Die Welt stand still. Es gab keine physischen Verabredungen, keine Events, keine Reisen, keine Konzerte, keine Museumsbesuche, die ich verpassen könnte. Guten Gewissens habe ich mich in mein Kokon zurückgezogen und begonnen, an kreativen Ideen zu tüfteln. Die Kurzarbeit hat mir in die Karten gespielt. 2020 hatte ich ein wundervollen Sommer. Ich habe ein Hochbeet gebaut, zusammen mit meinem Freund ein Bild gemalt, das nun im Wohnzimmer über der Couch hängt, viel Zeit im Garten verbracht, Blumen gepresst und in ein Herbarium eingeklebt, die Wohnung zum Urwald verwandelt (seitdem brauche ich ca. 30 Minuten für die Gießrunde) und mich zur Puzzleweltmeisterin verwandelt. Die Bewohner des benachbarten Altenheims erhielten Postkarten von mir – in der Hoffnung, dass sich daraus eine Brieffreundschaft entwickelt. 

Couple Photography

Von der Motivation zur Ernüchterung

Auch in meinem Freundeskreis wurden neue Hobbys entdeckt und Altlasten abgeschüttelt. Meine Motivation war nicht zu stoppen. Ich sprudelte förmlich vor lauter Ideen und mochte dieses neue Leben, das aus ein paar Stunden Arbeit und anschließend aus einer Menge Spaß bestand. Ich war euphorisch, kreativ, wagemutig, habe neue Sachen ausprobiert und es genossen, nichts verpassen zu können. Doch dann kam der Wendepunkt. Ich realisierte, dass dieses neue Leben kein kurzer Abschnitt bleiben, sondern meine neue Realität werden würde. Kein Lächeln, das ich in der Bahn mehr sehen konnte, keine netten Gespräche an der Supermarktkasse. Nichts war mehr gewiss. Die Menschen waren im Scheuklappenmodus unterwegs. Noch viel mehr als zuvor waren sie nur noch mit sich selbst beschäftigt und schauten nicht mehr nach links und rechts. Ich war wie gelähmt. Wollte nicht wahrhaben, dass sich das nicht so schnell wieder ändern würde. Die Euphorie wich dem sinnlosen Streamen von Netflix. Die Flucht in andere Realitäten. Ich wurde träge, verbrachte viel Zeit am Handy und brauchte immer länger, die WhatsApp Nachrichten meiner Freunde zu beantworten. 

Frühstück Budapest

Neue Wege finden

Nach der Ersten folgte die Zweite, auf die Zweite die dritte und nun die vierte Welle. Fast 2 Jahre später bin ich schlauer und weiß, dass diese Pandemie nicht nur eine Phase, sondern nun ein ständiger Begleiter in meinem Leben sein wird. Ich habe mich damit abgefunden und arbeite daran, die zu Beginn noch nie in dieser Form gefühlte Euphorie zurückzugewinnen. Für das Jahr 2022 habe ich viele Pläne. Den ausgebauten Camper dekorieren und damit unbekannte Länder bereisen, im Herbst ein Pilzseminar besuchen und mehr im Hier und Jetzt leben. Mich neu in das Leben verlieben. Ich habe Großes vor und ein gutes Gefühl, endlich aus der Schockstarre zurückgefunden zu haben.

Camper

Love,

Laura Herz Logo

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